FAQ: Was bedeutet die Ehe für alle für mich/uns?
Die Schweiz hat JA gesagt zur Ehe für alle! Doch was bedeutet das konkret? Was passiert als nächstes? Und wann können wir endlich heiraten?
In diesem FAQ beantworten wir die wichtigsten Fragen. Die konkreten Verfahren sind jedoch in vielen Fällen noch unklar und werden vom Kanton abhängen. Ganz unten findest du zusätzlich eine gute Übersicht zu den Wahlmöglichkeiten mit der Ehe für alle und ein Merkblatt zum Thema Finanzen.
***Diese FAQs wurden am 7. Oktober 2021 aktualisiert***
Ja! Nach dem Parlament hat nun auch die Stimmbevölkerung am 26. September mit 64% JA zur Ehe für alle gesagt.
Die Ehe für alle wird voraussichtlich am 1. Juli 2022 eingeführt - ab dann darfst du heiraten oder deine eingetragene Partnerschaft in eine Ehe "umwandeln" lassen. Die Verzögerung bei der Einführung wird damit begründet, dass Paare, die im Ausland geheiratet haben, vorgängig noch ihren Güterstand (siehe unten) regeln können. Der Güterstand wird bei diesen Paaren ansonsten automatisch und rückwirkend per 1. Juli geändert (siehe unten).
Neben diversen kleineren Unterschieden gibt es fünf grosse:
- Vermögensrecht: Der normale Güterstand bei der EP ist die Gütertrennung, bei der Ehe die Errungenschaftsbeteiligung. Vertraglich lässt sich jedoch auch etwas anderes vereinbaren. Wir empfehlen, sich im Vorhinein gut zu informieren, welcher Güterstand sich für die persönliche Situation am besten eignet.
- Einbürgerung: Ausländische eingetragene Partner*innen von Schweizer*innen erhalten momentan eine Aufenthalts- bez. Niederlassungsbewilligung, müssen sich jedoch ganz normal einbürgern lassen. Als Ehepartner*in können sie sich in Zukunft erleichtert einbürgern lassen.
- Adoption: Alle Ehepaare sind für das gemeinschaftliche Adoptionsverfahren zugelassen. Eingetragene Partner*innen können nur das leibliche Kind des*der Partner*in adoptieren (Stiefkindadoption).
- Zugang zur Samenspende (betrifft hauptsächlich Frauenpaare): Eine EP bietet keinen Zugang zur Samenspende. Verheiratete Frauenpaare könnten jedoch eine professionelle Samenspende (Spende aus der Samenbank) in der Schweiz in Anspruch nehmen. Beide Elternteile werden dabei ab Geburt als Eltern des Kindes anerkannt.
- Hinterlassenenrente (betrifft nur Frauenpaare): Eingetragene Partnerinnen erhalten momentan nur eine Witwerrente, wenn ihre Partnerin stirbt. D.h. sie erhalten nur eine Rente, wenn sie ein Kind unter 18 Jahren haben. Als Ehepaare erhalten sie in Zukunft, wie alle Ehefrauen, eine Witwenrente, falls sie beim Tod der Partnerin über 45 Jahre alt sind.
Hier findest du eine Übersichtstabelle des Bundes aus dem Jahr 2018.
Wenn nichts anderes vereinbart wird, untersteht die eingetragene Partnerschaft der Gütertrennung und die Ehe der Errungeschaftsbeteiligung. In beiden Fällen kann man den Güterstand vertraglich abändern, wobei man hierzu eine notarielle Urkunde erstellen lassen muss.
Egal welchem Güterstand man untersteht, sorgen die eingetragenen Partner*innen oder Eheleute gemeinsam, jede*r nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie.
Bei der Gütertrennung hat jede*r Partner*in sein*ihr eigenes Vermögen und kann selbst über dieses verfügen. Falls man etwas sparen kann, spart jede*r für sich selbst und muss es bei einer Auflösung der eingetragenen Partnerschaft oder Scheidung nicht teilen.
Bei der Errungenschaftsbeteiligung gehört jeder Person selbst, was man in die Ehe einbringt und zum Beispiel als Erbschaft oder Genugtuungszahlung während der Ehe erhält (Eigengüter). Das Eigengut erhält man bei der Scheidung zurück, wenn es noch vorhanden ist. Was man während der Ehe verdient und sparen kann, bildet die Errungenschaft und ist im Scheidungsfall zu teilen.
Die Unterscheidung zwischen Errungenschaft und Eigengut ist auch im Erbrecht relevant, weil je nach System und ehevertraglicher Regelung mehr oder weniger Vermögenswerte in die Erbmasse fallen, weil sie vorab der*dem Überlebenden per Güterrecht zugeteilt werden.
Beiden Güterständen gemeinsam ist, dass sie keinen Einfluss auf die AHV und die Pensionskasse haben. Die AHV- und die Pensionskassenersparnisse aus den Ehejahren bzw. aus den Jahren der eingetragenen Partnerschaft werden bis zur Einreichung der Klage auf Scheidung bzw. auf Auflösung der eingetragenen Partnerschaft beim Gericht geteilt. Das kann man auch vertraglich (fast) nicht anders regeln.
Insbesondere wenn Unternehmen, Liegenschaften oder (geerbtes) Vermögen vorhanden sind oder wenn man sich im Testament so weit wie möglich gegenseitig begünstigen möchte, macht es Sinn, sich beraten zu lassen und über das Güterrecht bewusste und informierte Entscheidungen zu treffen.
Nein, jedoch solltet ihr ab 1. Juli 2022 mit einer «einfachen Erklärung» auf dem Standesamt ohne hohe Kosten die Umwandlung beantragen können. Das wird in jedem Kanton ein wenig anders funktionieren – frage im Frühling 2022 bei deinem Zivilstandsamt nach. Hier findest du eine Liste, welches Amt für deine Gemeinde zuständig ist.
Bitte beachtet: Mit der Umwandlung wird automatisch der Güterstand geändert. Informiert euch vorgängig, was das für eure (finanzielle) Situation bedeutet und ob ihr das möchtet. Ansonsten empfiehlt sich ein zusätzlicher Ehe- oder Vermögensvertrag.
Falls ihr mit der eingetragenen Partnerschaft glücklich seid, müsst ihr diese nicht jetzt und nicht in Zukunft in eine Ehe umwandeln lassen.
Mit der Einführung der Ehe für alle in der Schweiz wird eure eingetragene Partnerschaft automatisch und rückwirkend in eine Ehe umgewandelt. Doch damit euer Eintrag auch im Zivilstandsregister angepasst werden kann, müsst ihr euch beim Zivilstandsamt melden und die Änderung des Zivilstands in "verheiratet" beantragen (keine Umwandlung).
Wichtig für euch: Auch euer Güterstand ändert sich rückwirkend auf den Zeitpunkt der ausländischen Eheschliessung – zur Errungenschaftsbeteiligung.Ihr könnt zwischen dem 1. Januar und 30. Juni 2022 eine einseitige oder gemeinsame Erklärung abgeben, dass ihr den Güterstand (Gütertrennung) bis 1. Juli 2022 beibehalten möchtet. Falls ihr auch nach dem 1. Juli 2022 die Gütertrennung beibehalten möchtet, müsst ihr einen Ehe- oder Vermögensvertrag abschliessen. Für eine Beratung und den Abschluss eines Vertrags meldet euch bei einem Notariat.
Nein, es wird nicht mehr möglich sein, neue eingetragene Partnerschaften einzugehen. Jedoch sind diverse politische Vorstösse hängig, die eine gegenseitige Absicherung wie z.B. bei einem PACS in Frankreich fordern. Pink Cross unterstützt diese Vorstösse mit dem Ziel, alle Formen von Lebensgemeinschaften rechtlich und finanziell gut absichern zu können.
Sobald die Ehe für alle in Kraft tritt, könnt ihr eure Partnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen. Um sich erleichtert einbürgern zu lassen, musst du insgesamt min. 5 Jahre in der Schweiz verbracht haben (1 Jahr unmittelbar vor Einreichung des Gesuchs) und seit 3 Jahren mit einem*einer Schweizer*in verheiratet sein. Für diese 3 Jahre wird auch die Zeit der eingetragenen Partnerschaft angerechnet. Das gleiche gilt, wenn ihr eure Ehe im Ausland geschlossen habt. Du kannst also direkt nach der Umwandlung das Gesuch für die erleichterte Einbürgerung stellen, falls du alle Kriterien erfüllst!
Grundsätzlich schon. Jedoch werden in der Schweiz pro Jahr nur ca. 20 Kinder zur Adoption freigegeben und es gibt strenge Voraussetzungen und Richtlinien. Informationen, wie das Adoptionsverfahren grundsätzlich abläuft, findet ihr beim Dachverband PACH.
Nein, die Leihmutterschaft bleibt in der Schweiz weiterhin verboten. In gewissen Ländern (v.a. USA und Kanada) können gleichgeschlechtliche Paare eine Leihmutterschaft in Anspruch nehmen. Damit der nicht-leibliche Elternteil in der Schweiz anerkannt wird, muss jedoch das Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen werden. Weitere Informationen und Unterstützung zu Leihmutterschaften findest du bei Rainbow Dads Switzerland und beim Dachverband Regenbogenfamilien.
Schon heute kann im Ausland eine Samenspende in Anspruch genommen werden und auch eine private Samenspende (z.B. durch Freunde oder Familienangehörige) ist möglich. Jedoch wird dabei nur die leibliche Mutter als rechtliche Mutter anerkannt, der andere Elternteil muss das Stiefkindadoptionsverfahren durchlaufen.
Mit der Ehe für alle können alle Ehepaare, bei denen eine Person Kinder gebären kann, eine professionelle Samenspende in der Schweiz in Anspruch nehmen. Bei so gezeugten Kindern werden beide Elternteile ab Geburt als rechtliche Eltern anerkannt.
Übersicht Wahlmöglichkeiten
Dieses Dokument bietet einen guten Überblick zu den Wahlmöglichkeiten und den Güterstandsregelungen. Es wurde von Roman Kern, Notar, erarbeitet und zur Verfügung gestellt.
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