Ein halbes Ja für mehr Schutz für Kinder von Regenbogenfamilien

Die Stiefkindadoption soll erleichtert werden, aber die Elternschaftsvermutung soll weiterhin nicht für Kinder gelten, die durch ein fortpflanzungsmedizinisches Verfahren im Ausland oder durch eine private Samenspende gezeugt wurden. Dies hat die Rechtskommission des Ständerats (RK-S) heute kommuniziert.
Die Lesbenorganisation Schweiz (LOS) und Pink Cross sind erfreut, dass die RK-S den Handlungsbedarf bei der Stiefkindadoption erkannt hat. Nun ist der Ständerat gefragt. Der Schutz aller Kinder ab Geburt, den die RK-S leider abgelehnt hat, muss unbedingt im Rahmen der Revision des Abstammungsrechts verankert werden.

Mit der Ehe für alle wurde Frauenpaaren ermöglicht, eine professionelle Samenspende in der Schweiz in Anspruch zu nehmen und so eine Familie zu gründen. Falls ein gleichgeschlechtliches Paar jedoch dank einer privaten Samenspende oder einem fortpflanzungsmedizinischen Verfahren im Ausland ein Kind zeugt, müssen Regenbogenfamilien den Umweg über eine Stiefkindadoption gehen, um rechtlich abgesichert zu sein. Die Stiefkindadoption wurde eigentlich für alleinstehende oder verwitwete Elternteile geschaffen, die eine neue Partnerschaft eingehen und die Partner*in die rechtliche Verantwortung für ein meist schon älteres Kind übernehmen will. 


Auf  Paare, die gemeinsam eine Familie gründen, ist das Verfahren aber nicht zugeschnitten. Es ist ein administrativ langwieriges und aufwändiges Verfahren, das frühestens ein Jahr nach der Geburt eingeleitet werden kann. Diese Frist macht keinen Sinn, wenn das Kind ein gemeinsames, neugeborenes Wunschkind ist. “Ich bin sehr erleichtert, dass die RK-S die Stiefkindadoption in diesen Fällen nun vereinfachen will”, erläutert Nadja Herz, Co-Präsidentin der LOS. Sie gibt jedoch zu bedenken, dass auch bei einer privaten Samenspende oder einer künstlichen Befruchtung im Ausland beide Eltern ab Geburt rechtlich anerkannt werden sollten, sofern die Kenntnis der Abstammung gewährleistet ist. So wie das heute bei einer professionellen Samenspende in der Schweiz der Fall sei. “Es ist bedauerlich, dass die RK-S hier nicht sofort handeln will, um diesen Kindern ab Geburt eine optimale rechtliche Absicherung zu gewährleisten. Umso wichtiger ist, dass dies im Rahmen der kommenden Revision des Abstammungsrechts geschieht.” 

Trotz dieser Ablehnung der Absicherung aller Kinder ab Geburt ist die Vereinfachung der Stiefkindadoption ein erster wichtiger Schritt für Pink Cross und die LOS. "Die Vereinfachung des Verfahrens für die Stiefkindadoption für Paare, welche gemeinsam eine Familie gründen, ist dringend notwendig. Ich bin froh, dass dieser Handlungsbedarf von der RK-S, dem Nationalrat und dem Bundesrat erkannt wurde. So können Kinder in Regenbogenfamilien zukünftig rascher abgesichert werden", betont Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross.

Die LOS und Pink Cross ermutigen den Ständerat, dem Nationalrat zu folgen, der sich sowohl für die erleichterte Stiefkindadoption, als auch für die Absicherung aller Kinder ab Geburt ausgesprochen hat. 


Medienmitteilung vom 17. Oktober 2022.