Rendezvous queerer Männer

Die Geschichte der heutigen BEGEGNUNGEN QUEERER MÄNNER begann 1987 auf dem Leuenberg (BL): In den Räumlichkeiten der damaligen reformierten Heimstätte fand die erste Tagung für homo- und bisexuelle Menschen statt.

Seit 1993 organisieren ausschliesslich Männer die jährlich stattfindende Begegnung schwuler und bisexueller Männer. Der Verein BSM (Begegnung schwuler Männer) trägt seit 2001 die organisatorische und finanzielle Verantwortung und ab 2003 fanden die Begegnungen im Lassalle-Haus in Bad Schönbrunn oberhalb von Zug statt. 

Die jährlich stattfindenden Wochenenden BEGEGNUNG QUEERER MÄNNER bieten interessierten Männern die Möglichkeit sich in einem entspannten Umfeld zu begegnen und sich gemeinsam in Workshops mit unterschiedlichen Themen auseinanderzusetzen.

Nebst einem umfassenden Angebot von Workshops für Männer, die reflektiert und bewusst mit sich und ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität umgehen wollen, sollen auch das gute Essen, die Kultur, die Lebensfreude und der Spass nicht zu kurz kommen. Es bleibt für die jeweils rund 50 Teilnehmenden genügend Raum für den gegenseitigen Austausch und für persönliche Kontakte und Begegnungen.

Das 33. Begegnungswochenende wurde im Oktober 2019 durchgeführt. Seither wurde es – pandemiebedingt – ruhig um den Verein. Doch im Hintergrund geschieht gerade Epochales in der Vereinsgeschichte.

 

Pascal Tanner hat im Sommer 2020 das Präsidium übernommen. Im Interview erzählt er uns, wie es dazu kam und wie es mit der BEGEGNUNG SCHWULER MÄNNER weitergeht.

Pascal, was hat dich angespornt, das Präsidium des Vereins BSM zu übernehmen?

Das Präsidium habe ich am 09. Juli 2020 übernommen. Davor kam es zu bilateralen Gesprächen, wo ich signalisierte, dass ich bereit wäre, Verantwortung für den Verein zu übernehmen. Konkret ging es dabei aber noch gar nicht ums Präsidium.

In der Stadt Biel geboren und aufgewachsen; im Tessin die RS und noch weitere Beförderungsdienste absolviert, um dann 32 Jahre im Locarnese wohnhaft zu bleiben, zeigen Grenzbereiche und Flexibilität auf. Diese Grenzbereiche suche ich noch heute. Damit man(n) mit diesen umgehen kann, benötigt es Neugier, und eben Flexibilität so wie den Mut, zu verändern. Stillstand bekommt uns nicht. Viele Menschen verharren irgendeinmal in dem was sie erreicht haben, aber eigentlich sind wir bis zum letzten Atemzug lernfähig. So wollte ich einerseits die Strukturen von BSM besser kennenlernen und auch mein Wissen, sowie meine Erfahrungen im Bereich der Führung und Innovation zur Verfügung stellen. Ich sah und sehe es als spannende Aufgabe an, den Verein weiterzuentwickeln, damit hoffentlich ein Fortbestand dessen resultiert. An dieser Stelle möchte ich explizit meinen Vorgängern für ihre Pionierarbeit danken. Denn nur dank ihnen steht der Verein dort, wo er heute ist.

 

Was waren denn die Herausforderungen?

Diese Terminologie besteht aus zwei Wortteilen. Heraus und Forderung. Mit «heraus» sehe ich den Teil, die Komfortzone immer wieder zu verlassen. Die Forderungen kann man zur Kenntnis nehmen und gut ist, oder sich ihrer stellen resp. davonrennen. Ich habe Spass an Veränderungen und arbeite gerne mit Menschen zusammen, dies sind wichtige Voraussetzungen, um erfolgreich zu sein.

Es gibt für mich zwei wichtige Bereiche. Nämlich, dass der Verein sich personelle Ressourcen ergattern kann und, dass mittels zeitgemässen Angeboten die sehr speziellen Wochenenden für queere Männer bestehen bleiben.

 

Es ist ruhig geworden um die BEGEGNUNGEN SCHWULER MÄNNER. Gibt es sie noch?

Ruhig heisst ja zum Glück nicht leblos. Begegnungen schwuler Männer - ja, die gibt es zum Glück auch ausserhalb unseres Vereins. Die Frage zielt natürlich darauf ab, ob es die BSM-Wochenenden noch gibt. In einem Strategie-Workshop im Mai 2022 zu dieser Thematik kam klar zum Ausdruck, dass wir diese Anlässe nicht abschaffen dürfen. Inhaltlich seien sie sehr wertvoll, interessant und eben keine herkömmliche Fleischschau für Jäger und Voyeure; gewünscht wurde eher, dass wir mehr Flexibilität an den Tag legen und sich das Erscheinungsbild des Vereins etwas weniger verstaubt präsentieren sollte. Diese konkreten Forderungen sind wir am Umsetzen (Details dazu findest du auf der Homepage www.bsm-info.ch unter Kontakt im Newsletter-Archiv in der Ausgabe vom 17.12.2022).

 

Und ja: Die 34. Begegnung ist unter dem neuen Label BEGEGNUNG QUEERER MÄNNER organisiert und man kann sich seit Januar dafür anmelden. Am 25./26. März 2023 werden wir auf dem HERZBERG ein Workshop- und Begegnungswochenende anbieten, an dem wir die vorher erwähnten Wünsche nach Flexibilität bereits aufgenommen haben. Zur Verfügung stehen Workshops wie zum Beispiel: Der Frühlingsputz beginnt im Kopf; auf die Berührung kommt es an; Queer altern, Sexualität und Gesundheit im Alter; Kunst - Mannsbilder, (un)tragbar - Upcycling im eigenen Kleiderschrank; Bewegung - schwing dein Tanzbein, Film - was Regisseure sagen wollen.

 

Vor über 35 Jahren waren der schwierige Umgang der Kirchen mit homosexuellen Menschen und das Erkämpfen der eigenen schwulen Identität noch die Themen der Begegnungen. Was steht heute im Vordergrund?

Die heteronormative Welt hat nach wie vor ein gesellschaftlich höheres Gewicht, als die queere Community. Diese beiden Pole sollten sich nicht konkurrenzieren, sondern fair und lösungsorientiert miteinander interagieren, sich einfach ergänzen. Wir sind noch meilenweit davon entfernt, dass wirklich alle Menschen die gleichen Rechte erhalten. Wir leben in einer soziologischen Zweiklassengesellschaft. Das muss sich ändern, aber nicht erst in 50 oder 100 Jahren.

 

Schauen wir voraus: Wo soll der Verein BSM in 10 Jahren stehen?

Dies ist eine sehr schwierige Frage. Wenn ich Kaffeesatz lesen könnte, wäre ich vermutlich längst Millionär, oder eventuell Visionär. Nun, ich kann meine Wünsche dazu äussern. Ob diese dann in Erfüllung gehen, hängt von vielen Faktoren ab, welche ich nicht zwingend beeinflussen kann. Der Verein soll sich weiter entwickeln und sich den Bedürfnissen der Klientel anpassen. Die Gruppe der queeren AHV-Teenagern wird demografisch immer grösser, ergo sollte uns auch die Kundschaft nicht ausgehen. Der reife – etwas ältere queere Mann – wird weiterhin ein Angebot in unserem Bereich suchen.

 

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