Fatter, Dädi, Papi, Ätti oder vielleicht Bappe? Vater werden leicht gemacht

Ein schöner Nebeneffekt als Leitung Regionalpolitik in der Deutschschweiz unterwegs zu sein, ist die Dialektvielfalt, die einem begegnet. Lange ging ich mit meinem «Baseldytsch» ja davon aus, dass alle anderen «bisschen komisch» sprechen. Neulich kam ich bei einer Diskussion aber auf die Welt, als es darum ging, wie sich schwule Väter denn nennen könnten. Das Basler «Bappe» ist echt nicht besonders schön, ich gebe es zu. Fatter, Ätti und Papi sind zwar bisschen besser, aber vielleicht kennt ihr noch schönere Bezeichnungen? 

 

Ihr wundert euch wahrscheinlich, was die Frage soll. Tatsache ist, dass es immer mehr queere Männer gibt, die sich vorstellen können, Kinder zu kriegen. Und dann heisst es zwangsläufig: wer ist jetzt Papi und wer «dr Bappe»? 

 

Unsere Community Umfrage von 2023 hatte deutlich gezeigt, dass der Wunsch nach einem Kind bei den Jüngeren steigt. Bei den unter 30-jährigen waren es mehr als ein Viertel mit Kinderwunsch, ein weiterer Viertel war sich noch unsicher. Anlass für uns, diesem Bedürfnis mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Mit zwei Veranstaltungen in Zürich und in Lausanne, in Kooperation mit der LOS und den Regenbogenfamilien, haben wir uns im November der Kinderfrage gewidmet. Nach einer Übersicht zur rechtlichen Lage, berichteten Eltern in Co-Parenting Konstellationen und Regenbogenfamilien von ihren Erfahrungen. Deutlich wurde, wie eng es die Schweiz mit der Elternschaft sieht. Zwei – und nur zwei – Elternteile sind vorgesehen. «Idealerweise» verheiratet und heterosexuell. Sonst gibt es Hürden, Probleme und teils Schikane:

Sogenannte Stiefeltern werden genaustens unter die Lupe genommen, trotz aufwändigem Leihmutterschaftsverfahren im Ausland müssen die Kinder nach mehreren Jahren in der Schweiz doch noch vom Partner adoptiert werden oder Co-Eltern kümmern sich tagtäglich um ein Kind, sind rechtlich aber nicht abgesichert. 

Alles Geschichten aus dem Leben von Co-Eltern und Regenbogenfamilien. 

 

Doch welche Wege gibt es für schwule Paare oder in queerer Mehrelternschaft ein Kind zu kriegen?

Die rechtlichen Möglichkeiten, als queere Person(en) eine Familie zu gründen und sie rechtlich abzusichern, sind in der Schweiz immer noch eingeschränkt. Nach wie vor können wir nicht auf Leihmutterschaft zurückgreifen, da diese in der Schweiz verboten ist. Auch eine geplante Mehrelternschaft lässt sich nur bedingt rechtlich absichern. Hier eine kleine Übersicht über gängige Wege: 

 

1. Co-Parenting: Dieses Modell ist eine beliebte Option, bei der schwule Männer mit einem lesbischen Paar oder gebärdenden Einzelperson ein Kind bekommen und gemeinsam erziehen. Die rechtliche Absicherung aller Beteiligten ist jedoch eine Herausforderung, da Co-Parenting rechtlich nicht speziell geregelt ist und die Schweiz nur zwei rechtliche Eltern vorsieht. 

 

2. Adoption: Seit der Ehe für alle ist es schwulen Paaren erlaubt, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Allerdings gestaltet sich der Adoptionsprozess aufgrund der Eignungsabklärungen und Vermittlung oft langwierig. Zudem stehen in der Schweiz wenige Kinder zur Adoption frei. Auslandadoptionen bringen zusätzliche finanzielle und rechtliche Hürden mit sich.

 

3. Pflegekinder: Eine weitere Möglichkeit ist
die Aufnahme von Pflegekindern. Hierbei wird
der rechtliche Rahmen durch die Kinder- und
Erwachsenenschutzbehörden (KESB) festgelegt. Da die Kinder, anders als bei der Adoption, rechtlich nicht zu eigenen Kindern werden, ist das für manche Personen keine Option. Gleichzeitig wird händeringend nach Pflegeeltern gesucht, da in der Schweiz viele Kinder auf sie angewiesen wären.  

 

4. Leihmutterschaft im Ausland: Obwohl Leihmutterschaft in der Schweiz verboten ist, suchen viele schwule Paare im Ausland nach entsprechenden Möglichkeiten, beispielsweise in den USA oder Kanada. Doch auch hier gibt es Hürden, insbesondere bei der Anerkennung des Elternstatus in der Schweiz und die enormen Kosten. 

 

Hast du einen Kinderwunsch und möchtest dich über deine Möglichkeiten informieren?

Wir planen eine Broschüre mit einer Übersicht und den wichtigsten Fragen zum «Eltern werden» im 2025 – unter folgender Adresse kannst die digitale Broschüre vorbestellen: 

www.pinkcross.ch/daddies 

 

Auch politisch tut sich etwas

Unsere Arbeit in der Politik trägt Früchte: Der Bundesrat plant eine Vereinfachung der Stiefkindadoption. Im Moment kann ein Adoptionsantrag erst nach einem Jahr Pflegeverhältnis zum Kind gestellt werden, danach kann das Verfahren mehrere Jahre dauern. Die Anerkennung der Adoption kommt somit oft erst nach einigen Jahren!

 

Im Rahmen der Revision könnte der Antrag bereits bei der Geburt des Kindes gestellt werden, die Anzahl der verlangten Dokumente würde reduziert, das Verfahren zur Beurteilung der Eignung vereinfacht und die Bearbeitungsdauer auf maximal 6 Monate verkürzt werden. Für Männerpaare, die im Ausland eine Leihmutterschaft in Anspruch nehmen, würde das Verfahren eine schnellere Anerkennung des zweiten Vaters ermöglichen.

 

Egal, welchen Weg du wählst, wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass alle «Bappes,» «Ättis» und «Daddies» ihren Kinderwunsch erfüllen können und Regenbogenfamilien vernünftig abgesichert werden. 

 

Text: Samson Rentsch