Adoption: Kind sucht geeignete Eltern

Dass ein Paar Kinder bekommen möchte und eine Familie gründen will, ist nichts Besonderes. Doch bei gleichgeschlechtlichen Paaren wird es komplizierter, weil die Verfahren der Fortpflanzungsmedizin – zumindest für schwule Paare – in der Schweiz nicht zur Verfügung stehen. Bis anhin konnten gleichgeschlechtliche Paare auch nicht gemeinsam ein unbekanntes Kind adoptieren. Möglich war für sie nur die Stiefkindsadoption, wenn also ein*e Partner*in das leibliche Kind des*der zweiten Partner*in adoptiert. Mit der Ehe für alle ist nun auch die gemeinschaftliche Adoption möglich – doch es gibt einige Hürden...

Dass ein Paar Kinder bekommen möchte und eine Familie gründen will, ist nichts Besonderes. Doch bei gleichgeschlechtlichen Paaren wird es komplizierter, weil die Verfahren der Fortpflanzungsmedizin – zumindest für schwule Paare – in der Schweiz nicht zur Verfügung stehen. Bis anhin konnten gleichgeschlechtliche Paare auch nicht gemeinsam ein unbekanntes Kind adoptieren. Möglich war für sie nur die Stiefkindsadoption, wenn also ein*e Partner*in das leibliche Kind des*der zweiten Partner*in adoptiert. Mit der Ehe für alle ist nun auch die gemeinschaftliche Adoption möglich – doch es gibt einige Hürden. 

Wie läuft eine Inlandsadoption in der Schweiz ab? 
Das leitende Prinzip einer Adoption ist immer das Wohl des Kindes: PACH sucht passende Eltern für ein Kind – und nicht umgekehrt. Für eine nationale Adoption in der Deutschschweiz ist PACH Pflege- und Adoptivkinder Schweiz zuständig. PACH ist zuständig für den sogenannten Vermittlungspool mit allen Paaren und zum Teil Einzelpersonen. Um in den Vermittlungspool zu gelangen, müssen die Adoptionswilligen bei der jeweiligen kantonalen Zentralbehörde ein «Gesuch um Feststellung der Adoptionseignung» einreichen. «Je nach Kanton ist das Vorgehen etwas unterschiedlich. Grundsätzlich empfehlen wir vorgängig eine Informationsveranstaltung und den zweitägigen Vorbereitungskurs Adoption bei PACH oder beim entsprechenden Kanton zu absolvieren und sich erst dann an die Zentralbehörde zu wenden», erklärt Susanne Imper, Fachmitarbeiterin von PACH.

PACH führt für einige Kantone – nachdem sie die formalen Voraussetzungen wie Alter und Einkommen geprüft haben - auch die sogenannten «Sozialabklärungen» durch, die es für eine Feststellung der Adoptionseignung braucht. «Wir führen insgesamt vier Gespräche. Zuerst unterhalten wir uns hier bei PACH mit dem Paar über ihre Beweggründe für eine Adoption. Erziehungsvorstellungen werden abgeholt, darauf folgt das Biografiegespräch mit den einzelnen Personen, anschliessend besuchen wir sie in ihrem Zuhause», erläutert Susanne Imper.

Bindungserfahrungen, vorgelebte Rollenmuster oder auch Problemlösungsstrategien werden bei diesen Gesprächen durch PACH erfragt. Fragen wie «Wie haben Sie belastende Momente in Ihrem Leben bewältigt?» oder «Welche Werte sind für Sie zentral?» gehören zu diesen Gesprächen. «Wir wollen viel von einer Person erfahren, damit wir einschätzen können, wie sie sich mit sich selbst oder auch mit kritischen Lebensereignissen auseinandergesetzt hat», sagt Susanne Imper. Denn oft entspricht ein Kind nicht den eigenen Vorstellungen und bringt eine eigene Geschichte mit, die von Trennungen geprägt ist: «Die angehenden Adoptiveltern brauchen deshalb Strategien dafür, wie sie damit umgehen können». 

Nach den Biografiegesprächen besucht PACH die Adoptionsinteressierten daheim, um die künftige Wohnsituation des Kindes zu erfassen. Den Bericht, den die Fachmitarbeiterin danach erstellt, dürfen die Adoptiveltern lesen. Auf der Grundlage der Empfehlungen des Sozialberichts erteilt der Kanton die Eignungsbescheinigung: «Wer über die Bescheinigung verfügt und den Vorbereitungskurs absolviert hat, den nehmen wir in den Vermittlungspool auf», so Susanne Imper. 

 

 

Wie kommen nun aber diese Eltern zum Kind? 
«Erteilt uns eine Vormundsperson den Auftrag, geeignete Adoptiveltern vorzuschlagen, informiert sie uns über die Umstände des Kindes», erläutert die Fachmitarbeiterin. Im Idealfall gebe es ein Gespräch mit den leiblichen Eltern, um zu erfahren, was sie sich für ihr Kind wünschen. «Die Bedürfnisse des Kindes stehen im Vordergrund. Da spielt der Gesundheitszustand eine Rolle, aber auch das Temperament und das Verhalten des Babys», beschreibt Susanne Imper. Aus all diesen Informationen ergibt sich das Profil der möglichen Adoptiveltern. Nach einem mehrstufigen Auswahlverfahren entscheidet sich dann das interdisziplinäre Fachteam für vier mögliche Adoptiveltern, die der Vormundsperson des Kindes zur Auswahl vorgeschlagen werden. «Wir suchen passende Eltern für ein Kind, das heisst, dass das Kindswohl im Zentrum steht. Die Paare im Vermittlungspool haben kein ,Recht’ auf ein Kind», betont Susanne Imper.

Nachdem die Eltern ausgesucht und von der Zentralbehörde Adoption bestätigt wurden, darf PACH die Eltern informieren: «Wir erleben hierbei viele Emotionen. Von Freudeschreien, Tränen oder Überforderung bis hin zur Sprachlosigkeit.» Bei einem folgenden Gespräch – zusammen mit der Vormundsperson des Kindes – werden die Adoptiveltern über die bekannten Umstände des Kindes informiert, bevor sie dann das Kind erstmals besuchen dürfen. 

Gemeinsam wird ein Übergangsplan erstellt, nach dem die Eltern das Kind regelmässig besuchen und Schritt für Schritt Betreuungsaufgaben übernehmen. «Wir legen grossen Wert auf einen sanften Übergang. Erst, wenn die künftigen Adoptiveltern und das Kind dazu bereit sind und die behördliche Bewilligung vorliegt, können die Adoptiveltern das Kind nach Hause mitnehmen», sagt die Expertin. Eine Adoption kostet rund CHF 10'000 (Sozialabklärung, Aufnahme Vermittlungspool, Vermittlung). 

Im ersten Jahr, dem sogenannten Adoptionspflegejahr, besucht PACH die Familie und schaut, was sie braucht. PACH bietet ausserdem Kurse wie «Biografiearbeit» oder Austauschtreffen mit anderen Adoptiveltern an. 

Und wie stehen unsere Chancen?
Pro Jahr werden für acht bis zwölf Kinder Adoptiveltern gesucht – ob gleichgeschlechtliche oder nicht. Da es drei- bis viermal so viele Adoptionsinteressierte gibt, kann es sein, dass auch Paare, die tolle Eltern wären, lange warten müssen, bis sie als Eltern ausgewählt werden.

Text: Natalie Ehrenzweig, Verantwortliche Kommunikation bei PACH

 

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