Queer und Spitzensport: Wie ein Tabu zerbröckelt

Homophobie und LGBTIQ-Feindlichkeit sind leider noch immer Realität – egal ob beim «tschute» auf dem Schulplatz oder im Spitzensport. Doch es tut sich etwas: Sei es der Aufschrei rund um das geforderte Erstrahlen des Münchner Fussballstadions im Regenbogen während der Europameisterschaft oder die diesjährigen Olympischen Spiele, welche als die queersten Geschichte schreiben. Die Sportwelt ist im Wandel und Diversität findet Raum, auch wenn noch viele Probleme bestehen...

Homophobie und LGBTIQ-Feindlichkeit sind leider noch immer Realität – egal ob beim «tschute» auf dem Schulplatz oder im Spitzensport. Doch es tut sich etwas: Sei es der Aufschrei rund um das geforderte Erstrahlen des Münchner Fussballstadions im Regenbogen während der Europameisterschaft oder die diesjährigen Olympischen Spiele, welche als die queersten Geschichte schreiben. Die Sportwelt ist im Wandel und Diversität findet Raum, auch wenn noch viele Probleme bestehen.

Es war das Streitthema Nummer eins vor dem EM-Gruppenspiel Ungarn gegen Deutschland: Soll die Allianz Arena in München als Zeichen gegen LGBTIQ-Feindlichkeit und Diskriminierung in den Regenbogenfarben erleuchten erstrahlen dürfen? Hintergrund der Debatte ist ein homo- und transphobes Gesetz, das kürzlich in Ungarn verabschiedet wurde. Dieses schränkt die Informationsrechte massiv ein und erklärt LGBTIQ-Menschen als Feindbild. Die UEFA verbot die geplante Solidaritätsaktion mit der ungarischen LGBTIQ-Community und löste damit eine Welle der Empörung aus. Die UEFA argumentierte den Entscheid mit der Verpflichtung zu politischer Neutralität. Doch eine Antwort auf die Frage, was ein Bekenntnis zu den Menschenrechten mit der Verletzung politischer Neutralität zu tun hat, blieb uns die UEFA schuldig. 

Die Olympischen Spiele, die wenige Wochen nach der WM ausgetragen wurden, waren aus Sicht unserer Community geschichtsträchtig: Athlet*innen die offen queer leben konnten gemeinsam 31 Medaillen erkämpfen – so viele wie noch nie zu vor. Queere Sportler*innen wie der schwule Turmspringer und Goldmedaillengewinner Tom Daley nutzen ihre Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit, um auf LGBTIQ-Anliegen aufmerksam zu machen. 

 

Tom Daley gewann an den Olympische Spiele die Gold-Medaille

 

Das Sportjahr 2021 zeigt uns, dass sich LGBTIQ-Themen und Anliegen nicht mehr vom Spitzensport trennen lassen. Das ewige Tabu zerbröckelt. LGBTIQ-Sportler*innen wie Tom Daley sind Vorbilder und inspirieren die Community. Auch in der Schweiz haben wir mutige Vorbilder im Spitzensport, die offen zu ihrer LGBTIQ-Zugehörigkeit stehen: So wie Spitzenschwinger Curdin Orlik, Basketballprofi Marco Lehmann oder Ironman Weltmeisterin Daniela Ryf. Orlik war der der erste männliche Spitzensportler in der Schweiz, der sich während seiner Karriere outete und öffentlichkeitswirksam seine Geschichte und den schwierigen Weg bis zum Entscheid des Coming-Out mit der Schweiz teilte.

 

Am 7. März 2020 hat sich Spitzenschwinger Curdin Orlik öffentlich im «Magazin» geoutet

 

Das queere Vorbilder für LGBTIQ-Menschen auch im Sport wichtig sind, wird durch Studien weltweit untermauert: Queere Menschen fühlen sich häufig von Sportarten ausgeschlossen und erleben in Sportvereinen Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität. Dieser Zustand ist inakzeptabel. Es muss ein sicheres und diskriminierungsfreies Umfeld für LGBTIQ-Sportler*innen geschaffen werden. Die Sportverbände spielen dabei eine zentrale Rolle und müssen ihre Verantwortung wahrnehmen und sich klar zur Diversität bekennen. Der Wandel zu mehr Akzeptanz und Sichtbarkeit von queeren Lebensformen in der Welt des Spitzensports ist vor allem den LGBTIQ-Sportler*innen selbst zu verdanken. Bis queere Sportler*innen überall und immer als selbstverständlich angesehen werden und eine Nulltoleranz gegen Diskriminierungen herrscht, liegt wohl noch ein längerer Weg vor uns. 

Aber Erfolgsgeschichten wie jene der LGBTIQ-Athlet*innen an den Olympischen Spielen in Tokio machen unfassbar stolz und führen uns den enormen Fortschritt der letzten 20 Jahre vor Augen. Queer und Spitzensport? Kein Tabu, sondern gelebte Realität!

Text: Manolito Steffen, Community Manager Pink Cross