Nur Platz 23 für die Schweiz bei LGBTI-Rechten

Die neue «Rainbow Map» von ILGA Europe zeigt, dass die Schweiz in Bezug auf die Rechte und die Gleichberechtigung von LGBTI-Person noch immer im Rückstand ist. Sie landet im europäischen Vergleich nur gerade auf dem 23. Platz (von 49 Ländern). Dieses...

Die neue «Rainbow Map» von ILGA Europe zeigt, dass die Schweiz in Bezug auf die Rechte und die Gleichberechtigung von LGBTI-Person noch immer im Rückstand ist. Sie landet im europäischen Vergleich nur gerade auf dem 23. Platz (von 49 Ländern). Dieses schlechte Resultat ist auf einen eklatanten Mangel an Schutz für trans und intergeschlechtliche Personen sowie auf das Fehlen grundlegender Massnahmen zur Gleichstellung am Arbeitsplatz und im Bereich von Ehe und Familie zurückzuführen.

Medienmitteilung vom 14. Mai 2020

Heute Morgen veröffentlichte die europäische LGBTI-Organisation ILGA Europe ihre jährliche Rangliste der 49 europäischen Länder zu LGBTI-Rechte. Obwohl die Schweiz im letzten Jahr um vier Plätze nach oben gerückt ist, landet sie noch immer auf dem schlechten 23. Rang. Damit ist sie vor Italien auf dem zweitletzten Platz der westeuropäischen Ländern, denn nur gerade 36% der empfohlenen Massnahmen zur vollen Gleichstellung und Achtung der Menschenrechte sind Gesetz. Seit letztem Jahr wurden die Fortschritte durch die Erweiterung der Anti-Diskriminierungsstrafnorm um «sexuelle Orientierung» sowie der Bundesgerichtsentscheid, dass das Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung auch «Geschlechtsidentität» umfasst, berücksichtigt.

Die Schweiz bleibt somit hinter Ländern wie Griechenland (48%), Kroatien (46%), Slowenien (42%) und Bosnien&Herzegovina (37%) zurück. Am besten geschützt sind LGBTI-Personen nach wie vor in Malta (89%), Belgien (73%) und Luxemburg (73%).

Die Situation jedes Landes wird in sechs Kategorien bewertet. Obwohl die Erweiterung der Anti-Diskriminierungsstrafnorm mit dem Kriterium der «sexuellen Orientierung» vom Volk angenommen wurde, erreicht die Schweiz in der Kategorie «Hassverbrechen und Hassreden» nach wie vor nur 13%. Der Grund dafür ist der fehlende Schutz von trans und interschlechtlichen Personen in diesem Bereich und fehlende Massnahmen gegen Hassverbrechen. «Die etwas bessere Platzierung der Schweiz in diesem Jahr macht uns Hoffnung, dass wir  langsam aber sicher vorwärts kommen. Das Ergebnis ist jedoch immer noch miserabel für ein Land, das vorgibt, sich auch unseren Menschenrechten verpflichtet zu fühlen», seufzt Alecs Recher, Rechtsberater vom Transgender Network Switzerland (TGNS) und Schweizer Experte für ILGA Europe. Er erläutert: «Trans und intergeschlechtliche Menschen – auch Minderjährige – sollten möglichst bald ihr amtliches Geschlecht selbstbestimmt in einem einfacheren Verfahren ändern können. Hier kann und muss das Parlament in der nächsten Session handeln. Aber auch der Schutz von geflüchteten LGBTI-Menschen ist noch völlig ungenügend.»

«Dass wir noch immer keine Ehe für alle haben und damit auch keinen Schutz von Kindern und Familien, zieht uns stark nach unten. Zusätzlich fehlt es an Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz und an Massnahmen zur Prävention von LGBTI-feindlichen Angriffen», ergänzt Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross. Weitere dringende Forderungen der Schweizer LGBTI-Organisationen betreffen den Schutz intergeschlechtlicher Menschen: Insbesondere ist es dringend, nicht notwendige Operationen und hormonelle Eingriffe zur Veränderung der Geschlechtsmerkmale ohne Zustimmung der betroffenen Person, speziell bei Kindern, ausdrücklich zu verbieten. Die Organisationen fordern auch die Entpathologisierung der Variationen der Geschlechtsentwicklung. «Intergeschlechtliche Menschen sind nicht krank. Es ist die Medikalisierung und Pathologisierung, die uns krank macht. Dies ist eine Menschenrechtsverletzung», sagt Audrey Aegerter, Präsidentin von InterAction. «Die Rainbow Map zeigt, dass intergeschlechtliche Menschen in der Schweiz, sowie in ganz Europa, nicht geschützt sind».

Trans Menschen ihrerseits wird regelmässig der Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung verwehrt, vor allem von den Krankenkassen, die ungerechtfertigt ihre Leistungspflicht für geschlechtsangleichende Massnahmen ablehnen. Die Schweiz muss diese Fragen ernst nehmen und so schnell wie möglich handeln!

Die Ergebnisse und der Schweizer Länderbericht können unter rainbow-europe.org bezogen werden.