Dunja verlässt die LGBTIQ-Helpline, um zukünftig die Community noch besser zu unterstützen

Dunja Kalbermatter hat im Juli 2022 die Projektleitung der LGBTIQ-Helpline übernommen und in dieser kurzen Zeit schon unglaublich viel erreicht. Doch nun geht Dunja ihre nächsten Schritte und muss deshalb die Helpline bereits wieder verlassen. Wir haben mit Dunja über ihre Erfolge und Herausforderungen bei der LGBTIQ-Helpline und ihre persönlichen Zukunftspläne gesprochen.

Dunja, lass’ uns zuerst über den Elefanten im Raum sprechen: Du verlässt die LGBTIQ-Helpline nach weniger als einem Jahr. Warum bloss?

Ich habe mich, nach heftigem Widerstand, relativ spontan entschieden, die Weiterbildung zur Therapeutin im Herbst doch endlich zu starten. Die klinische Tätigkeit in einem Umfang von mindestens 40 Stellenprozent ist Voraussetzung für den Übertritt in das dritte Weiterbildungsjahr. Somit dachte ich mir, dass ich noch genügend Zeit habe, die Helpline weiterzubringen, bevor ich mich auf die Suche nach einer Ausbildungsstelle begebe, neben der ich weiterhin selbstständig als psychologische Beraterin tätig sein kann.

Doch nun kam es anders: Schon in der ersten Woche der Weiterbildung haben mich drei Mitstudierende darauf aufmerksam gemacht, dass eine Stelle zu 50% am Universitätsspital Zürich als Klinische Psychologin für die Sprechstunde Geschlechtsinkongruenz frei sei. Dort suchte man auch vorzugsweise nach einer Person aus der LGBTIQ-Community. Mir war klar: Hier muss ich mich einfach bewerben und schlussendlich habe ich die Stelle auch bekommen. Ich muss die Projektleitung der LGBTIQ-Helpline also aufgeben, um die therapeutisch unterversorgte LGBTIQ-Community auch längerfristig als Therapeutin zu unterstützen.

 

Wie hat deine Arbeit für die Helpline deine Entscheidung, die Therapieausbildung in Angriff zu nehmen, beeinflusst?

Ehrlich gesagt wusste ich schon lange, dass es wichtig wäre, dass wir mehr queere Therapeut*innen hätten. Mir hat es widersprochen, nochmals so viel Geld und Zeit zu investieren, nachdem ich mein Psychologie-Studium Vollzeit auf dem zweiten Bildungsweg absolviert hatte. Der Todesfall meines Vaters im letzten Sommer hat mir aber nochmals gezeigt, dass es manchmal sinnvoll sein kann, für das Endziel auch ein höheres Investment einzugehen.

Zudem sehe ich bei den Anfragen von Ratsuchenden bei der Helpline natürlich täglich, wie angeschlagen unsere Community aufgrund des Minderheitenstresses ist und wie schwierig es sein kann, professionelle Hilfe zu bekommen. Das hat unbewusst sicher auch nochmals dazu geführt, dass ich zu meiner Entscheidung gelangt bin.

 

Doch auch in den wenigen Monaten hast du sehr viel erreicht. Worauf bist du besonders stolz?

Ich bin unglaublich stolz auf all die freiwilligen Beratenden, die jeden Tag einen unglaublichen Einsatz bringen. Auch bin ich stolz auf das neue nationale Team, welches ich noch weiter aufbauen durfte; auf die die Beziehungen, die entstehen durften und zu sehen, wie sie an dieser Arbeit wachsen.

 

Die Helpline lebt ja hauptsächlich von den ehrenamtlichen Peer-Berater*innen. Was sind das für Personen und wie hast du mit ihnen zusammengearbeitet?

 Das Spannende ist, dass die Spanne gross ist. Es gibt ältere und einige sehr junge Beratende mit unterschiedlichen Backgrounds und «Spezialthemen». Die Zusammenarbeit ist stets spannend und bereichernd. Sie zu coachen und als Peer-Beratende zu begleiten, hat mir sehr viel Spass gemacht.

 

Gab es denn auch herausfordernde Momente in deiner Zeit bei der Helpline?

 Als ich die Projektleitung übernahm, war viel Gutes im Tun, welches es abzuschliessen gab. Beispielsweise die Veröffentlichung der neuen Webseite, die Implementierung des neuen Ticketing-Tools inklusive Chat-Beratung oder die Neuaufsetzung der Telefonie. Der Spagat zwischen diesen langfristigen Aufgaben und die Sicherstellung des täglichen Betriebs waren herausfordernd. Umso mehr freue ich mich, dieses Paket nun ein wenig geschnürter weiterzugeben.

 

Was hättest du gerne noch mit der Helpline erreicht?

Ein nächster wichtiger Schritt ist, die Helpline noch bekannter zu machen. Sie soll als DIE Anlaufstelle für Anliegen im LGBTIQ-Bereich gelten – und zwar innerhalb, wie auch ausserhalb der Community. So, dass wir noch mehr Ratsuchende unterstützen können. Das hätte ich gerne noch erreicht, aber ich freue mich auch, zukünftig von aussen zusehen zu dürfen.

 

Nun suchen wir eine Nachfolge für dich. Wer soll sich für diese Stelle bewerben?

Ideal besetzt wäre diese Position durch eine Person, die gerne strukturiert und verlässlich ein Projekt leitet und gerne mit Menschen zusammenarbeitet. Eine Person, die Spass daran hat, die freiwilligen Beratenden in ihrer täglichen Arbeit zu unterstützen und zu coachen. Eine Person, die in den regelmässig stattfindenden Aus- und Weiterbildungs-Workshops für Beratende Wissen aufbaut und teilt.

 

Schauen wir in die Zukunft: Was wünschst du dir von/für (kannst selber entscheiden) die LGBTIQ-Community in fünf Jahren?

Mehrere Studien sagen, dass Menschen, die der LGBTIQ-Community angehören, vermehrt psychologische Hilfe aufsuchen. Der Minderheitenstress, dem unsere Community regelmässig ausgesetzt ist, für dazu, dass LGBTIQ-Personen psychisch mehr belastet sind als ihre cis-binären-hetero-Gspänli. Ich wünsche mir, dass die Community langfristig die Hilfe bekommt, die sie auch benötigt und, dass Fachpersonen geschult sind, diese offen und bejahend zu beraten und zu unterstützen.

 

Dunja, herzlichen Dank für deinen bisherigen und zukünftigen grossartigen Einsatz für die LGBTIQ-Community! Wir wünschen dir alles Gute für die Zukunft.

 Danke, dass wünsche ich euch auch!

 

 

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